Die Harmonisierung der IT-Landschaft ist eine organisatorische Herausforderung | Teil 2

digitalisierung-healthblog-akquinetSamuel Breisacher, Regionalvorstand CJD, gibt einen Einblick über Herausforderungen und teilt Praxiserfahrungen über geplante und umgesetzte Digitalisierungsvorgänge der Organisation.

Die IT braucht ein strategisches Leitbild, in dessen Rahmen Grundsatzentscheidungen getroffen werden

„Als ersten großen Meilenstein in Richtung Digitalisierung formulierten wir im Jahr 2016 unsere Vision für die zukünftige Organisation der IT.“

Hier verständigten wir uns darauf, alle Daten in einem Rechenzentrum zu konsolidieren und die Prozesse künftig über ein integriertes System (Microsoft Dynamics NAV) abzubilden. In diesen Leitsätzen formulierten wir auch, wie ein digitaler Arbeitsplatz aussehen und Teamarbeit zukünftig unterstützt werden kann und soll.

„Wir setzen bei der Digitalisierung bewusst auf integrierte Systeme mit möglichst wenigen Schnittstellen. Eine Best-of-Breed-Lösung mit verschiedenen Diensten von unterschiedlichen Anbietern birgt sicher im Einzelfall Vorteile, aber eben auch das Risiko, sich zu verzetteln.“

So befürchte ich, dass sich viele der zweifellos innovativen Lösungen, die heute von Startups angeboten werden, nur schwer in unser System einbinden lassen und die Administration letztlich erschweren. Dabei ist mir auch bewusst, dass wir uns mit einer integrierten Lösung aus der Hand eines Anbieters in eine stärkere Abhängigkeit begeben. Insgesamt glaube ich jedoch, dass wir uns gegen die Macht der großen Plattformen ohnehin nur schwer wehren können.

Letztlich entscheidet auch unsere Kundschaft, über welchen Zugang sie zu uns kommen will. Vor diesem Hintergrund glaube ich, dass wir – allen Bedenken zum Trotz – an Amazon Marketplace, Facebook und WhatsApp kaum vorbeikommen. Schließlich befinden sich hier bereits viele unserer Kunden und erwarten entsprechende Zugangsdienste von uns. Unsere Herausforderung wird sein, wie wir diese Dienste datenschutzkonform in unser System einbinden.

Wir setzen für die Zukunft auf eine Hybrid Cloud, bei der wir nur die Daten, die für die Zusammenarbeit notwendig sind, in die Public Cloud eines großen Providers geben. Darüber hinaus arbeiten wir in allen Bereichen, zumindest beim 2nd / 3rd Level Support, mit Dienstleistern zusammen und haben auch alle unsere Server im Rechenzentrum eines Dienstleisters konsolidiert. Letzter Schritt fällt zwar angesichts der hohen Preise schwer.

„Wir müssen uns allerdings eingestehen, dass wir als soziale Organisation allein kaum in der Lage sind, die für den Schutz der Daten und die Sicherstellung der Performance notwendigen Maßnahmen selbst umzusetzen.“

Wir stehen heute noch ganz am Anfang. Als erstes haben wir Infrastruktur zentralisiert, nun beginnen wir damit, die Services zu zentralisieren und parallel dazu ein integriertes System aufzubauen. Wir gehen hier Schritt für Schritt vor. Schließlich müssen wir als gemeinnützige Organisation auch mit unseren Ressourcen haushalten, ein Big Bang ist da nicht möglich.

Um Akzeptanz zu gewinnen, ist die IT als Kommunikator gefordert

Behutsamkeit ist auch gefragt, weil ein Drittel der Mitarbeiter noch nicht mit PC aufgewachsen ist und für sie der Einsatz neuer Technologien ein Stück weit immer noch eine Bedrohung darstellt. Veränderungen von Abläufen werden sehr zurückhaltend angenommen. Ein anderes Drittel wiederum sind Digital Natives, denen geht die Digitalisierung nicht schnell genug. Daraus erwachsen verschiedene Anforderungen, die wir als IT moderieren müssen. Dies lässt sich nur mit Kommunikation lösen – für die Kolleginnen und Kollegen der IT ist dies eine große Herausforderung, zumal die jetzt dringend erforderliche Kommunikationsfähigkeit nicht unbedingt zu den großen Kompetenzbereichen einer Ausbildung zum Fachinformatiker zählen.

Auch eine frühzeitige Einbindung der Mitarbeiter hilft dabei, deren Akzeptanz für die Veränderungen zu gewinnen. Allerdings muss man dabei aufpassen, die Mitarbeiter nicht zu überfordern.

„Aus unserer Erfahrung ist es gut, mit einer kleinen Entwicklergruppe zu starten, die Vorschläge erarbeitet. Die Meinung der Mitarbeiter sollte dann bei der Bewertung der Ideen oder Prototypen eingeholt werden.“

Bei der Evaluierung des Potenzials auf das Hier und Jetzt fokussieren

Die Standardisierung und Rationalisierung der nachgeordneten Prozesse ist natürlich nur eine Facette des digitalen Wandels bei CJD. Die Digitalisierung hat schließlich auch immense Effekte für unsere Kunden, die wir im Rahmen unserer Kernangebote adressieren müssen.

So müssen wir als Bildungsunternehmen darüber nachdenken, wie sich die Digitalisierung auf die Lern- Arrangements auswirkt bis dahin, welche Berufe wir zukünftig benötigen und wie diese idealerweise erlernt werden können. Wir müssen uns fragen, welche Qualifikationsanforderungen dies an unsere Mitarbeitenden stellt, aber auch welche Qualifikationen im Rahmen unserer Angebote in der beruflichen Bildung und beruflichen Rehabilitation erworben werden müssen. Gleichzeitig müssen wir darüber sprechen, wie eine ambulante Betreuung bzw. betreutes Wohnen in einer digitalisierten Welt mit den vielfältigen Kommunikationswelten idealerweise gestaltet werden kann.

„Dabei sollten wir uns nicht von irgendwelchen Modediskussionen leiten lassen und im ersten Schritt schon über den zukünftigen Einsatz von Pflegerobotern oder einer Blockchain philosophieren. Besser ist es aus meiner Sicht, auf das Hier und Jetzt zu schauen.“

So gibt es heute bereits zahlreiche einfache und technisch reife digitale Werkzeuge, mit denen wir unsere unterstützenden Leistungen ausbauen können.

Freilich stehen wir hier noch am Beginn. Um diese Themen zunächst zu sortieren und auf dieser Basis unterstützende Systeme zu entwickeln und voranzutreiben, haben wir ein Fachreferat Digitalisierung gegründet. In diesem Rahmen ist jeder Fachbereich dazu angehalten, die Auswirkungen der Digitalisierung auf Erbringung der eigenen Leistungen zu analysieren und darauf basierend Leitbilder für den digitalen Wandel – ähnlich unserer Vision für die zukünftige Ausrichtung der IT – zu erstellen. Unser Ziel ist es, in diesem Jahr eine Digitalisierungsstrategie für das CJD zu entwerfen.

Gastautor: Samuel Breisacher, CJD (Christliches Jugenddorfwerk), Regionalvorstand

Hintergrund

Der CJD ist ein bundesweit aktives Sozial- und Bildungsunternehmen, das ca. 10.000 Mitarbeiter beschäftigt und eine Gesamtleistung im Wert von ca. 630 Mio. Euro umsetzt. Unser Leistungsangebot reicht von der Schwangerschaftsberatung, Elementarpädagogik über die Schulische Bildung und Erwachsenenbildung bis hin zur Begleitung von Senioren. Entsprechend der Lebensphase unserer Zielgruppen und der Angebotsinhalte gliedert sich die Organisation in sieben Fachbereiche: Elementarpädagogik, Kinder- Jugend- und Familienhilfe, schulische Bildung, berufliche Bildung, Gesundheit und Rehabilitation sowie Wohnen und Begleiten.

Ich selbst bin als Regionalvorstand im CJD e. V. für unsere strategischen Geschäftseinheiten in den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt, Hessen und Nordrhein-Westfalen zuständig. Darüber hinaus verantworte ich als Querschnittsaufgabe die Digitalisierung und IT im CJD-Konzern.

Das CJD ist kein klassischer Verband. Unsere Standorte sind in der Regel unselbstständige Einheiten oder 100prozentige Töchter des CJD e. V., wobei der Vorstand weisungsbefugt ist. Wir sind damit also eher zentral aufgestellt, kommen aber historisch aus einer dezentralen Organisation. Dies wirkt sich auch auf die Digitalisierung aus, wo eine unserer Kernherausforderungen darin besteht, uns zunächst auf gemeinsame Standards verständigen zu müssen.

https://www.cjd.de/

Verwandte Beiträge im Healthblog

Die Harmonisierung der IT-Landschaft ist eine organisatorische Herausforderung | Teil 1