Viel Licht, aber noch mehr Schatten – Es gibt noch viel zu tun für die Digitalisierung in der Sozialwirtschaft

foto-healthblog-martin-weiss-akquinetEin Statement von Dr. Martin Weiß

Es ist nicht neu, dass Digitalisierung seit Jahren zu den Top-Themen der Branche zählt. Angefacht durch die Corona-Pandemie wurde sie im letzten Jahr vielerorts sogar überlebensnotwendig für die meisten Sozialunternehmen und systemimmanenten Dienstleister der Wohlfahrtsbranche.

Der gerade veröffentlichte „IT-Report für die Sozialwirtschaft“ (Quelle: www.sozialinformatik.de/it-report/) macht wieder einmal deutlich, wo wir derzeit stehen: immer noch ganz am Anfang. So wurden zwar die vorhandenen Kommunikationskanäle durch Video-Formate ergänzt oder VPN-Zugänge für die Arbeit im Home-Office oder als Mobiles Office eingerichtet. Aber bei den internen Prozessen oder den Assistenztechnologien hat sich wenig getan. Und gerade hier steckt so viel Potential.

Dass man mit seiner sozialen Unternehmung nicht mehr am Thema Digitalisierung vorbeikommt, zeigt auch die zunehmende Teilnahme an der diesjährigen Befragung des von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt herausgegebenen Reports. 237 soziale Organisationen haben sich beteiligt, im Vorjahr waren es noch 156. Im Vergleich hierzu ist die Beteiligung der Software-Anbieter stark zurückgegangen. Statt wie im Vorjahr 49 haben in diesem Jahr nur noch 32 Unternehmen teilgenommen. Zurückzuführen ist dies u.a. auf Fusionen in der Branche. Erstmals wurde außerdem in einem extra Kapitel untersucht, wie sich die Covid-19-Krise konkret auf die Branche ausgewirkt hat.

Ohne Zweifel hätten wir das initiale Pandemie-Momentum, welches sich mittlerweile zu einem Kontinuum gewandelt hat, alle nicht gebraucht und gerne darauf verzichtet! Jede Firma und jeder einzelne von uns beruflich und privat.

DENNOCH:

Die Anbieter der Sozialbranche in Deutschland – die großen, aber auch die kleinen – verspielen so eine historische Chance für eine Neuausrichtung des Sozialwesens in Deutschland. Vielleicht auch gewollt, wenn sich der Blick proaktiv auf die eine oder andere Gegebenheit schärft.

Im letzten IT-Report wurde deutlich, dass das Thema IT auch bei den Führungskräften angekommen zu sein scheint. Diese Erkenntnis wurde nun noch einmal untermauert: Denn eine Überraschung war es schon, dass inzwischen 55 Prozent der Geschäftsführungen und Vorstände die strategische Bedeutung der Digitalisierung sehen. Vor drei Jahren waren es noch lediglich 36 Prozent.

Positiv ist im Bereich der sozialen Einrichtungen zu vermerken, dass sich die Betriebsmodelle der IT in den letzten Jahren deutlich verbessert haben. So ist die eine hauptamtliche IT-Verantwortlichkeit heute die Regel. Dennoch gibt es noch viel aufzuholen. So verfügen bspw. nur 25 bis 30 Prozent über eine langfristige Entwicklungsplanung für ihren IT-Bereich.

Es wird deutlich, dass zwischen IT-Zielen und deren Erreichung immer noch eine enorme Lücke klafft. Und man muss sich erneut fragen, warum weder die Politik und Trägerverbände, noch die sozialen Unternehmen endlich die Ärmel hochkrempeln und zur Tat schreiten. Während in anderen Branchen schon seit Jahren der Veränderungsdruck erkannt und reagiert wird, besteht in der Sozialwirtschaft noch erheblicher Nachholbedarf.

Die weiter oben angeführte strategische Erkenntnis der Digitalisierung ist für den tatsächlichen Change nicht mehr auf die lange Bank zu schieben. Vielmehr ist sie von der narrativen Erkenntnis in wert- und organisationsschöpfende Maßnahmen und Veränderungsprojekte überzuleiten. Auch wenn das nicht einfach wird, ein „weiter so“ gibt es nicht mehr, wenn ich mit meiner sozialen Unternehmung zukunftsorientiert im Markt mit dabei sein möchte. Sowohl im Kontext zu meinen bisherigen bekannten Mitspielern, über die schon richtig aktiven neuen Branchenplayer bis hin zu in den Startlöchern stehenden bisher branchenfremden Akteuren, die ihre „sozialen“ Märkte schon definiert und avisiert haben.

Zum IT-Report für die Sozialwirtschaft: www.sozialinformatik.de/it-report/ausgabe-2021/

 

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